Mechanismen des Feuchtetransports: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 52: | Zeile 52: | ||
== Diffusivitätsansatz == | == Diffusivitätsansatz == | ||
Der Kapillartransport führt im Allgemeinen dazu, dass sich kapillares Wasser aus Bereichen hoher Feuchte in Bereiche geringerer Feuchte umverteilt. Dieser Gedanke liegt dem Diffusivitätsansatz zugrunde. Als Triebkraft für Flüssigwassertransport wird deshalb der Gradient des Feuchtegehalts verwendet. Die Abhängigkeit der ''Umverteilungsgeschwindigkeit'' wird durch den Transportkoeffizienten, der Feuchtediffusivität <math>D_\ell</math>beschrieben. | Der Kapillartransport führt im Allgemeinen dazu, dass sich kapillares Wasser aus Bereichen hoher Feuchte in Bereiche geringerer Feuchte umverteilt. Dieser Gedanke liegt dem Diffusivitätsansatz zugrunde. Als Triebkraft für Flüssigwassertransport wird deshalb der Gradient des Feuchtegehalts verwendet. Die Abhängigkeit der ''Umverteilungsgeschwindigkeit'' wird durch den Transportkoeffizienten, der Feuchtediffusivität <math>D_\ell</math> beschrieben. | ||
<math> | <math> |
Version vom 3. März 2010, 08:59 Uhr
<bibimport/>
Autor: Dr. Andreas Nicolai
Dieser Artikel beschreibt die unterschiedlichen Feuchtetransportmechanismen und gängige Modellansätze zur mathematischen Beschreibung der Feuchteströme.
zurück zu Feuchte- und Salztransportmodellierung
Dampfdiffusion[Bearbeiten]
Der Prozess der Dampfdiffusion ist ein Austauschprozess zwischen Wasserdampfmolekülen und anderen Molekülen der "trockneren Luft". Unter trockener Luft wird in diesem Zusammenhang die Gesamtheit aller Moleküle der Luft außer Wasserdampf bezeichnet. Entsprechend der thermodynamischen Definition ist der Dampfdiffusionsprozess ein massenzentrischer Austauschprozess. Die thermodynamische Triebkraft für Diffusion ist Entropieproduktion, oder übertragen der Gradient des chemischen Potentials. Dieser kann, unter üblichen Annahmen und Einschränkungen im Bereich der Bauphysik, auf den Gradienten des Dampfdrucks überführt werden. Unter (wenig realistischen) isobaren Bedingungen kann auch der Gradient der Dampfkonzentration verwendet werden.
Der diffusive Dampfstrom kann nun als Produkt des Dampfdruckgradienten und der Dampfleitfähigkeit bzw. geschrieben werden:
Dabei ist der Dampfdruck und die Dampfstromdichte als Massenstromdichte. Die Dampfleitfähigkeit, d.h. der Transportkoeffizient kann im porösen Material auf unterschiedliche Arten beschrieben werden. Übliche Formulierungen sind:
Fehler beim Parsen (Syntaxfehler): {\displaystyle j^{m_v}_{dif\!f} = - \frac{D_v(\theta_\ell)}{R_v T} \frac{\partial p_v}{\partial x}\\ }
unter Verwendung der feuchtegehaltsabhängigen Dampfdiffusivitätsfunktion des Materials. Alternativ kann auch die Dampfdiffusivität in Luft in Verbindung mit dem Wasserdampfdiffusionswiderstandsfaktor verwendet werden, wobei in diesem Ansatz die Reduktion des für die Dampfdiffusion zur Verfügung stehenden Luftporenquerschnitts durch das Verhältnis explizit berücksichtigt werden muss.
Dampfkonvektion[Bearbeiten]
Strömt Luft, bzw. das Porengas infolge eines Druckgradienten durch das Porensystem, werden alle Komponenten der Gasphase konvektiv transportiert. Die Luftströmung in einem porösen System lässt sich durch die Darcy-Strömungsgleichung (laminar, nicht-turbulent) beschreiben. Die treibende Kraft für den Luftstrom ist der Gradient des Luft- bzw. Gasdrucks . Die Unterscheidung zwischen trockener Luft und Gas (trockene Luft + Wasserdampf) ist bei niedrigen Temperaturen und Luftfeuchten nicht zwingend notwendig, da in diesem Bereich der Partialdruck des Wasserdampfs (Größenordnung 1-3 kPa) sehr viel kleiner als der Luftdruck (Größenordnung 100 kPa) ist. Wird das Modell jedoch bei höheren Temperaturen verwendet, ist die Unterscheidung notwendig.
Die Gasmassenstromdichte ist dann gegeben durch:
Der konvektiv transportierte Anteil des Wasserdampfes lässt sich einfach durch Multiplikation mit der Konzentration des Wasserdampfes (thermodynamische Definition, Masse Komponente pro Masse der Phase) erhalten.
Flüssigwasserleitung/kapillare Leitung[Bearbeiten]
Der Mechanismus der Flüssigwasserleitung bzw. kapillaren Leitung innerhalb poröser Materialien lässt sich am einfachsten über den Strohhalmeffekt erklären. In einer dünnen Kapillare (z.B. Strohhalm) steigt Wasser aufgrund der Oberflächenspannung entgegen der Schwerkraft an. Die Saugkraft der Kapillare wird mit kleineren Durchmessern deutlich größer. Man kann sich nun ein Porensystem als Bündel verschiedener Kapillarröhren unterschiedlichster Durchmesser vorstellen, wobei bei Ziegelmaterialien viele Kapillarröhren Durchmesser von 10 µm haben. Da bei jedem Rohrdurchmesser eine unterschiedlicher Saugkraft entsteht, steigt die Feuchtigkeit in kleineren Poren höher als in größeren Poren. Dabei gibt es allerdings zu Bedenken, dass in kleineren Poren die Reibungsverlusste für das strömende Wasser wesentlich größer sind als in großen Poren, und damit in großen Poren das Wasser schneller strömt. Diese Effekte gilt es bei der Feuchtetransportmodellierung zu berücksichtigen.
Diffusivitätsansatz[Bearbeiten]
Der Kapillartransport führt im Allgemeinen dazu, dass sich kapillares Wasser aus Bereichen hoher Feuchte in Bereiche geringerer Feuchte umverteilt. Dieser Gedanke liegt dem Diffusivitätsansatz zugrunde. Als Triebkraft für Flüssigwassertransport wird deshalb der Gradient des Feuchtegehalts verwendet. Die Abhängigkeit der Umverteilungsgeschwindigkeit wird durch den Transportkoeffizienten, der Feuchtediffusivität beschrieben.
Der Transportkoeffizient ist feuchteabhängig. Übliche Modellansätze gehen von einer mit steigendem Feuchtegehalt stetig steigenden Diffusivität aus.
Der Diffusivitätsansatz hat den Vorteil einer einfachen Parametrisierung und geringen Nichtlinearität der Diffusivitätsfunktion. Allerdings lässt sich mit diesem Ansatz kein Flüssigwassertransport bei positiven Drücken, z.B. durch anstehendes Grundwasser beschreiben, da bei vollständiger Feuchtesättigung des Materials das treibende Potential entfällt (Gradient des Feuchtegehalts ist dann Null) und somit laut Modell kein Feuchtegehalt mehr stattfindet.
Konduktivitätsansatz/Darcy-Strömungsmodell[Bearbeiten]
Die Einschränkungen des Diffusivitätsmodells werden durch die Verwendung eines Druckgradienten aufgehoben. Analog zur Luftdurchströmung wird eine Darcy-Strömung durch das poröse Material angenommen, angetrieben vom Gradienten des Flüssigwasserdrucks.
In feuchtegesättigten Materialien kann einfach der aufgeprägte hydrostatische Wasserdruck als treibende Kraft verwendet werden. Bei teilweise feuchtegesättigten Materialien ist der Flüssigwasserdruck < 0 und entspricht bei isobaren Verhältnissen dem Kapillardruck. Bei Luftdruckunterschieden muss das Gleichgewicht gelten.
Betrachtet man jedoch die Größenordnungen üblicher Luftdruckunterschiede (10 - 100 Pa) und Kapillardrücke (0 - 10^7^ Pa) kann die Annahme von isobaren Verhältnissen für praktische Probleme stets getroffen werden.
Der Zusammenhang zwischen Kapillardruck und Feuchtegehalt ist hier von entscheidender Bedeutung. Der Artikel "Feuchtespeicherung in porösen Materialien" beschreibt diese Zusammenhänge im Detail.
Die Flüssigwasserleitfähigkeit ist eine stark nichtlineare Funktion und entsprechend anspruchsvoll ist die Parametrisierung des Modells. Ein Vorteil des Konduktivitätsmodells ist der Kontinuität der treibenden Kraft an Materialgrenzen. Im Gleichgewicht ist der Flüssigwasserdruck ist an einer Materialschichtgrenze auf beiden Seiten identisch, während der Gleichgewichtsfeuchtegehalt zweier Materialien stark unterschiedlich sein kann. Der daraus resultierende Sprung im Feuchtegehalt hat vor allem Konsequenzen auf die numerische Lösungsmethodik bei Verwendung des Diffusivitätsmodells.
Kirchhoff-Potential-Formulierung[Bearbeiten]
Die hohe Nichtlinearität der Feuchtetransportfunktionen führt bei der numerischen Lösung zu Schwierigkeiten (insbesondere Abhängigkeiten der Ergebnisse von Mittelungsmethoden und Berechnungsgitter). Die Einführung einer mathematischen Transformation erlaubt eine Generalisierung der Feuchtetransportbeschreibung und Reduzierung der numerischen Probleme. Es wird die Kirchhoff-Potential-Funktion eingeführt und es soll gelten:
Koeffizientenvergleich mit den vorher vorstellten Modellen zeigt, dass
und damit
und
gilt. Bei gegebener Diffusivitäts- bzw. Konduktivitätsfunktion kann die Kirchhoffpotentialfunktion durch Integration bestimmt werden, welches die numerische Lösung unabhängig von der eigentlichen physikalischen Modellierung macht.